Zwei mal zwei

Drei Wochen Pause lagen zwischen Lauf eins und zwei der Langstreckenmeisterschaft Nürburgring (VLN) - drei Wochen, in denen das Team Derscheid Motorsport (Much) alle Hände voll zu tun hatte, um den Unfallschaden am BMW 325i zu beheben. Auf aussichtsreicher Position versagte erneut die Technik des BMW und das Team entging nur knapp einem schlimmen Ende. Beim zweiten Fahrzeug des Teams lief es indes rund und problemlos vom Anfang bis zum Ende.

Die Trainingsergebnisse zeigten einmal mehr, wie groß die Leistungsdichte  der Serienwagenklassen in der Langstreckenmeisterschaft Nürburgring (VLN) sind: Nur ein Wimpernschlag trennte die ersten fünf Positionen in der Klasse V4, in der auch das Team Derscheid mit dem BMW 325i an den Start geht. Trotz des schweren Unfallschadens aus Lauf eins präsentierte sich der BMW von Derscheid in herausragender Fassung  und wurde von den Piloten Rolf Derscheid (Much) und Michael Flehmer (Heiligenhaus) auf den dritten Startplatz der Klasse pilotiert. Nach dem überragenden Trainingsergebnis hoffte das Team, dass der Wagen die lange Renndistanz von vier Stunden diesmal schadlos überstehen würde.
Getreu dem Motto „Never change a winning system“ übernahm Flehmer den Start des zweiten Laufs zur VLN und wählte bei der Anfahrt zur ersten Kurve eine andere Linie als der vor ihm liegende Konkurrent. Bereits nach wenigen Metern hatte  Flehmer Platz zwei erobert und konnte sich sofort mit dem Führenden der Klasse absetzen. Runde um Runde hing Flehmer am Heck des Erstplazierten, setzte diesen unter Druck wo immer es ging – die Möglichkeit zu überholen blieb ihm jedoch stets verwehrt. In Runde neun steuerte Flehmer die Box an, um den Wagen an seinen Teamchef zu
übergeben.
In Rekordzeit erledigten die Mechaniker des Team Derscheid ihre Aufgaben, tankten den Wagen, reinigten die Scheiben, kontrollierten die Betriebsmittel und schickten das Fahrzeug auf Platz 2 wieder auf die Piste. Als Derscheid ins Rennen ging, ahnte er noch nicht, was ihm schon bald widerfahren sollte. Bereits nach wenigen Kilometern konnte er den Führenden überholen und belegte Platz 1 in der Klasse. Allerdings brachten viele Unfall- und Ausfallstellen, die mit gelber Flagge und Überholverbot markiert waren, Derscheid immer wieder aus seinem Rhythmus, so dass er seinen Konkurrenten nicht abschütteln konnte. In Runde 18 stand der BMW erneut und planmäßig in der Box: Teamchef Derscheid blieb angeschnallt hinterm Volant und der BMW wurde für die folgenden Runden getankt. Mittlerweile lag das Team auf Platz 1. Derscheid nahm das Rennen wieder auf, fuhr zwei Runden später die schnellste Runde des Teams und der Klasse V4 und konnte sich so von seinem Verfolger bis auf 30 Sekunden absetzen. Dann erlebte er vier Runden später den wahren „Rennsport-Supergau“. In der Anfahrt auf die schnelle Hohenrain-Schikane blieb der Bremsdruck aus. Derscheid konnte den Wagen nicht verzögern und musste mit der Handbremse die Fuhre unter Kontrolle bringen. Er drehte sich und schlug mit dem Heck in die Leitplanke ein. Der Wagen blieb fahrfähig, Derscheid wollte in die Box „rollen“ und merkte wenige Meter später, dass die Bremse vermeintlich wieder funktionierte. Er ging in die letzte Runde, als erneut die Bremse ausfiel und er im Kiesbett landete. Nachdem er rausgeschleppt wurde, wollte er die Runde fortsetzen. Im weiteren Verlauf der folgenden rund 25 Kilometer kam es wegen der langsamen Fahrt auch noch zu einer Kollision, an der niemand wirklich schuld war. Das Ergebnis jedoch war ernüchternd: Der BMW bekam einen Schlag aufs linke Vorderrad, schlug erneut in die Leitplanke ein und konnte trotzdem seine Fahrt fortsetzen. Der von Flehmer und Derscheid herausgefahrene Vorsprung auf die Verfolger war mit sieben Minuten so groß, dass das Team mit dem BMW 325i trotzdem den zweiten Platz behielt und die ersten Punkte der Saison einfahren konnte.

Alles rund gelaufen
Während das Duo Derscheid / Flehmer mit stumpfen Waffen kämpfen mussten, lief es für das Team auf dem BMW 318is ordentlich rund. Im Training stellten Matthias Butz (Bergisch-Gladbach) und Martin Hörter (Ransbach-Baumbach) das Auto auf den dritten Startplatz der Klasse V2. Martin Hörter übernahm den Start und konnte lange den Kontakt zu Platz zwei halten. Die vielen Unfälle anderer Teilnehmer mit den dadurch erforderlichen Gelb-Phasen zehrten an Konzentration und Kondition von Hörter und so gelang es dem Zweitplatzierten langsam aber sicher, sich abzusetzen. Immer in Sichtweite, doch nie in der Lage aus eigener Kraft zu überholen, übergab er auf Rang drei liegend den Wagen nach elf Runden an Matthias Butz. Ohne langes Fackeln blies Butz zum Angriff, in der Hoffnung, sich in eine aussichtsreiche Position auf Rang zwei zu bringen. Nach und nach kämpfte er sich durchs Feld, als er den Zweitplazierten am Streckenrand stehen sah. Butz drehte weiter seine Runden und konnte den Wagen auf dem geerbten zweiten Rang über die Ziellinie fahren.
Das nächste Rennen startet am 13.  Mai 2011, die Renndistanz beträgt sechs Stunden.
Text und Foto: Redaktionsbüro Meuren

Stimmen nach dem Rennen
Rolf Derscheid, Teamchef und Fahrer
„Ob wir beim nächsten Rennen mit dem 325i an den Start gehen, ist sehr unwahrscheinlich, denn die Zeit bis zum kommenden Lauf ist knapp. Im Training haben wir gezeigt, dass mit uns allemal zu rechnen ist – selbst nach den schweren Schäden von Lauf eins. Mein Kompliment, meine ganze Anerkennung und mein Lob gehen an unsere Mechaniker, die weder Feierabend, noch Wochenende oder Feiertage kennen. Ohne meine Jungs hätte ich den Wagen niemals rechtzeitig hinbekommen. Jetzt gilt es, die neue mechanische  Fehlerquelle zu finden, um solche Mängel in Zukunft auszusortieren. Da das linke Vorderrad komplett voll Bremsflüssigkeit war, gehe ich von einer Undichtigkeit im Bereich der Bremszange aus. Wir sind nun zwei Mal bereits in Führung liegend ausgefallen. Aber vielleicht schaffen wir ja dann im dritten Anlauf den ersten Klassensieg für unser Auto. Die  Crew auf dem V2-BMW hat wieder alles richtig gemacht: Überlegt gefahren, abgewartet, Material geschont und den längeren Atem bewiesen. Ohne den Ausfall des Konkurrenten wären sie wohl nicht mehr auf Platz zwei gefahren. Aber manchmal ist das Glück eben mit den Tüchtigen. Es tut mir dennoch leid um die ausgefallene Mannschaft – auch die Jungs haben bis zum Schluss gut gekämpft.“

Michael Flehmer, Fahrer BMW 325i
„Das Auto war nach der Reparatur erstklassig zu fahren, allerdings brauche ich noch ein paar Runden, bis ich mich an den Wagen gewöhnt habe. Ich konnte schnell auf Platz zwei vorfahren, kam aber an den Führenden nicht wirklich ran. Schade, dass das Rennen so enden musste.“

Matthias Butz, Fahrer BMW 318is
„Ich bin den zweiten Turn gefahren und konnte meine Rundenzeiten langsam aber sicher reduzieren. Im Team habe ich die schnellste Runde gedreht, ein Zeichen, dass ich immer besser mit dem Auto umgehen kann. Der Wagen war klasse vorbereitet und hat viel Spaß gemacht. Ein solch gut vorbereitetes Auto lässt es auch zu, eigentlich schnellere Autos zu überholen. Ich freue mich auf das 6h-Rennen.“

Martin Hörter, Fahrer BMW 318is
„Im Training bin ich die ersten Runden gefahren und hatte keine freie Fahrt. Matthias hat die Rundenzeit geliefert – dafür danke ich ihm. Vom Start weg konnte ich zunächst den Speed des vor mir Liegenden locker gehen. Dann gab es erste Un- und Ausfälle, viele Überrundungen und es herrschte am Anfang viel Verkehr. Da musste ich abreißen lassen, um am Ende den Wagen nicht zu überfahren. Alles in allem ein gutes Rennen, bei dem ich meine Zeiten verbessern konnte. Ich bin zufrieden mit mir und vor allem mit dem Team. Ein tolles Auto.“